Integrationskurs-Datenbank vom BAMF: Schnittstelle rechtlich nicht möglich

29. Juni 2022

Um doppelte Pflege zu vermeiden hatten über 20 Partnerstädte und Landkreise von Integreat am 20. September 2021 einen offenen Brief an den Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Herrn Dr. Sommer geschrieben. Den Verlauf der Anfrage und die Gründe für die Absage möchten wir möglichst transparent für alle darzustellen. Daher haben wir uns für die Veröffentlichung des Sachverhalts in unserem Blog entschieden.

Die zentrale Bitte unseres offenen Briefs: Bereits öffentliche Daten zu Integrationskursen und -angeboten, die im BAMF-NAvI angezeigt werden, sollten über eine (geschützte) Schnittstelle bereitgestellt werden, sodass sie direkt auf der Integreat-Plattform angezeigt werden können. Ziel war es die Kursangebote für die Nutzerinnen und Nutzer der Integreat-App auffindbar zu machen. Bei der Anfrage ging es darum, dass das BAMF zu jedem Kurs Details bereitstellt. Konkret: Die Kursart, die Postleitzahl, das Startdatum, die Anzahl an freien Plätzen und einen Link zum Angebot im BAMF-NAvI.

Austausch mit BAMF

Durch diese Vorgehensweise und den Absprung zum BAMF-NAvI über den Link sollte sichergestellt werden, dass die Speicherung aller personen- und trägerbezogenen Daten auch weiterhin ausschließlich beim BAMF stattfinden und auch alle Zugriffe auf die Angebote beim BAMF erfasst werden. Dies sollte und konnte datenschutzrechtliche Bedenken von Anfang an ausklammern. Gleichzeitig sollte mit der Kooperation vermieden werden, dass Integrationskurse doppelt von den Städten und Landkreisen als Veranstaltungen/Termine in Integreat eingestellt werden. Nach über 9 Monaten mit mehreren Briefverkehren, ist die Absage nun final.

Bereits am 21. Oktober 2021 erreichte uns vom BAMF eine erste Absage mit dem Hinweis auf den „hohen technischen und organisatorischen Aufwand, der mit der Realisierung einer Schnittstelle zwischen beiden Systemen“ verbunden ist.

Nach unserer schriftlichen Antwort am gleichen Tag und dem Hinweis, dass bereits eine Schnittstelle für die Generierung von CSV-Exporten aus dem BAMF-NAvI existiert und diese zur Sicherheit sogar mit einem zusätzlichen Authentifizierungs-Token bereitgestellt werden könnte, kam am 8. Dezember 2021 das nächste Antwortschreiben.

Verbesserungsvorschläge für das BAMF-NAvI

Es wurde hingewiesen, dass das BAMF-NAvI bereit möglichst niederschwellig entwickelt sei. Daher bestehe kein Bedarf mit Integreat und den beteiligten Städten und Landkreisen technisch in Form einer Schnittstelle zu kooperieren. Gleichzeitig gab es die Bitte um konkrete Verbesserungsvorschläge für das BAMF-NAvI. Diese möchten wir auch hier nochmal öffentlich auflisten:

  • Pflegen Sie die hinterlegten Karteninformationen und Informationen auch in anderen Sprachen als Deutsch/Englisch, um den Großteil der Migrant:innen, die in Deutschland leben, zu erreichen.
  • Sorgen Sie dafür, dass die Ergebnisse aus Ihren Datenbanken auch über Suchmaschinen oder kommunale Webseiten auffindbar sind. wenn dort auf Deutsch oder fremdsprachig z.B. nach „Sprachkurs“ oder anderen Angeboten gesucht wird.

Die Verbesserungsvorschläge haben wir am 9. Dezember 2021 zusammen mit der erneuten Frage verschickt, ob unsere Städte und Landkreise auch einfach die Daten aus den bereits bestehenden CSV-Exporten verwenden dürften. Nachdem keine Antwort auf diese Frage einging haben wir uns am 27. April 2022 erneut an Herrn Dr. Sommer mit einem postalischen Brief gewandt und die vorangegangene Sachlage und Kommunikation mit den Fachbereichen des BAMF geschildert.

Finale Absage

Am 1. Juni 2022 kam die finale schriftliche Absage zur technischen Zusammenarbeit. Seitens des BAMF wird „der Mehrwert einer Schnittstelle zur App Integreat als begrenzt angesehen, denn auch mittels BAMF-NAvI ist eine lokale (hier: Stadt Augsburg) und gezielte Suche nach bestimmten Kursangeboten bestimmter Kursanbieter möglich.“. Diesmal wurde auf wettbewerbsrechtliche Gründe verwiesen:

Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen muss sichergestellt sein, dass die Suchmöglichkeit nicht von vornherein auf bestimmte Anbieter beschränkt ist. Das ist durch das BAMF-NAvI gewährleistet und müsste auch bei der Überlassung der Daten an Dritte sichergestellt und überwacht werden.

Auch die Nutzung der Exporte aus der Schnittstelle wurde mit dem Verweis auf u.a. wettbewerbsrechtliche Fragestellungen/Probleme untersagt. Angeboten wurde stattdessen eine Verlinkung (mit URL-Parametern), die allerdings aus unserer Sicht keinen entscheidenden Nutzen hätte.

Ausblick in die Zukunft

Hoffnung für die nächsten Jahre gibt eventuell die Open-Data-Strategie, die die Bundesregierung in 2021 verabschiedet hat. Dort sind „Open Government Data“ definiert. Wären die Daten innerhalb des BAMF-NAvI als solche Daten klassifiziert, wäre genau der von Integreat angefragte Anwendungsfall problemlos abbildbar. Auch die Ampel-Bundesregierung spricht im Koalitionspapier von „Wir führen einen Rechtsanspruch auf Open Data ein und verbessern die Datenexpertise öffentlicher Stellen.“, sowie von „Auf Basis […] offener Schnittstellen sowie strenger Sicherheits- und Transparenzvorgaben bauen wir eine Cloud der öffentlichen Verwaltung auf.“. Ob und wann das BAMF entsprechende Entscheidungen hin zu einem offenen und kooperativen Ansatz trifft, ist ungewiss. Inwieweit das angeführte Wettbewerbsrecht wirklich greift, können wir nicht abschließend beurteilen und müssen uns dieser Argumentation hingeben.

Geplant ist das Thema im Sommer 2025 nochmal aufzugreifen und mögliche neue Rahmenbedingungen anzufragen. Bis dahin empfehlen wir Städten und Landkreisen Integrations- und Kursangebote als Veranstaltungen oder Informationen ggf. doppelt in Integreat einzupflegen. Sofern die zeitlichen Ressourcen dies zulassen.