Integreat hilft Flüchtlingen beim Start in Deutschland

28. November 2015

Sie soll Flüchtlingen den Start in Deutschland erleichtern: die App Integreat. Augsburg ist die erste Stadt, die das neue Portal nutzt, um alle lokalen Aktivitäten und Angebote zu bündeln. Beim Startschuss in den Räumen des Cafés Tür an Tür der gleichnamigen Integrationsprojekte gGmbH stellten Studierende der TU München und der Universität Augsburg am Donnerstag, 26. November das kostenlose Angebot für Kommunen vor.

Schon 1999 hat der Verein Tür an Tür eine Broschüre für Flüchtlinge herausgegeben. Doch kaum war die Arbeit an dem Alltagsguide abgeschlossen, waren viele Angaben bereits überholt. Der Student Daniel Kehne, der sich bei Tür an Tür engagiert, machte jetzt Integreat möglich: Zusammen mit Prof. Dr. Helmut Krcmar, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik an der TU München, mit Tür an Tür, dem Sozialreferat der Stadt und etwa einem Dutzende Studierenden entwickelte er innerhalb von acht Monaten die App. Die Kosten übernahm weitgehend das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit seinem Programm „Demokratie leben!“. Inzwischen gibt es zusätzlich erste Spenden.

Denn Geld wird dringend benötigt. Zwar engagieren sich die Beteiligten ehrenamtlich. Doch die Weiter-entwicklung und die Vermarktung sind mit Kosten verbunden. Um die Arbeit besser zu koordinieren, ist geplant, eine gemeinnützige GmbH zu gründen, die an Tür an Tür angeschlossen ist. Städte und Landkreise in Deutschland dürfen die App kostenlos nutzen.

Dr. Stefan Kiefer, Sozialreferent und 3. Bürgermeister der Stadt Augsburg, erläuterte, wie dringend Integreat benötigt wird: Lebten vor gut einem Jahr noch etwa 1000 Menschen in staatlichen Unterkünften, sind es inzwischen bereits 3000 Menschen, „die bei uns Unterschlupf auf ihrer Flucht gefunden haben“. Er machte deutlich, mit welchen Problemen sie in Augsburg kämpfen: „Wir müssen uns nur vorstellen, wir wären von heute auf morgen in Pakistan – dann wüssten wir vieles auch nicht.“

Hier setzt die App an, sagen Martin Schrimpf und Daniel Kehne. „Sie bündelt die Informationen von verschiedenen Institutionen – in mehreren Sprachen, immer aktuell und auch verfügbar, wenn ich gerade kein Netz habe.“ Nur zwei Klicks seien zum Beispiel nötig, um einer Frau Schwangerschaftsberatungen in Farsi auszudrucken.

Eine eigene Homepage ist nicht nötig, da 70 Prozent der Flüchtlinge ein einfaches Smartphone nutzen. Bisher gibt es Integreat für Android daher im PlayStore. Die IOS-Version für Apple soll in Kürze folgen; nötig ist sie vor allem für die deutschen Helfer mit iPhone. Das Kern-Entwicklungsteam aus dem Studiengang Software Engineering setzt im Hintergrund auf schnelles Prototyping. “Dies ist vor allem für die Abstimmung mit den Zielgruppen notwendig. Unser größter Vorteil gegenüber ähnlichen Lösungen ist es, dass wir bereits vorzeigbare und vor allem funktionierende Technologie haben”, sagt Daniel Langerenken.

Prof. Helmut Krcmar bezeichnete Integreat als seine Herzensangelegenheit. Als Vorsitzender des Nationalen E-Governmentzentrums in Berlin ist er sehr daran interessiert, dass die App von Kommunen und Landkreisen in ganz Deutschland genutzt wird. „Wir möchten das Engagement fördern, sodass am Ende eine nachhaltige Lösung steht, von der Geflüchtete dauerhaft profitieren. Eine weitere Lösung, die nach kurzer Zeit im Sande verläuft, das wäre schade in Anbetracht der Energie, die in das Projekt geflossen ist.“

Thomas Körner-Wilsdorf von Tür an Tür sieht es genauso „Das wird eine große Erfolgsgeschichte. Ich bin mir sicher: Integreat wird Fuß fassen – in Bayern ebenso wie in Deutschland insgesamt.“ Prof. Krcmar verwies auf das Logo von Integreat: Nicht umsonst sei es ein großes G, sagte er. G wie Germany.