Wie ist es in Deutschland ein Kopftuch zu tragen?
2016 meinten 63 % in Deutschland, dass es sie nicht stört, wenn muslimische Frauen ein Kopftuch tragen. Wieso machen dann genau diese Frauen so viele negative Erfahrungen und Diskriminierung nur wegen ihrer religiösen Meinung? Ich habe eine junge Muslima zu diesem Thema interviewt.
Kurze Vorstellung: Wer bist du & was machst du?
Ich bin Bushra Tarik, 21 Jahre alt und studiere zurzeit in Österreich. Ich bin in Deutschland, genauer gesagt in Augsburg, geboren und aufgewachsen.
Seit wann trägst du ein Kopftuch und warum hast du dich dafür entschieden?
Ich trage das Kopftuch seit ich 11 Jahre alt bin, also mittlerweile seit 10 Jahren! Ich habe mich dafür entschieden, weil ich mich wohl gefühlt habe damals. In meinem Umfeld gab es viele junge Frauen, die Kopftuch getragen haben und ich habe es dann einfach ausprobiert. Erst 2 Jahre später habe ich mich näher zu den Hintergründen informiert. Ich habe mich sofort in die Message dahinter verliebt und bin die Person geworden, die ich jetzt bin.
Wie wirst du von anderen Personen von außen wahrgenommen?
Unterschiedlich. Zum einen werde ich meist von Kindern als emanzipierte und selbstbewusste Frau wahrgenommen. Sie sehen mich als Vorbild, wie selbstsicher ich mit meinem Kopftuch agiere. Zum anderen sehen mich andere als unterdrückte Frau ohne Entscheidungsfreiheit. Sie stellen mir dann Fragen wie: „Ist es dir nicht warm drunter? Ohne Kopftuch wärst du bestimmt viel schöner. Warum ziehst du es nicht mal aus?“
Hast du schon schlechte Erfahrungen bezüglich des Kopftuchs gemacht?
Meistens mit erwachsenen deutschen Menschen im Bildungsbereich. Ich habe einen starken Charakter, eine standfeste Meinung und lasse mich nicht einschüchtern. Die Menschen sehen mich dann trotzdem als dumm, inkompetent und unterdrückt an. Es ist ziemlich schwer für mich mit einem Kopftuch ein Nebenjob zu bekommen.
Was kann die Einzelperson dafür tun damit solche Nachteile oder schlechte Erfahrungen nicht mehr entstehen?
Aufklärungsarbeit leisten. Erklären, dass es keine kulturellen Zwänge sind, sondern die eigentliche und schöne Message dahinter. Zum einen ist es eine islamische Pflicht und ein Gebot Gottes ein Kopftuch zu tragen. Zum anderen schützt man sich selbst von perversen Blicken und kann somit selbst entscheiden welchen Bereich eine andere Person von dir sehen soll. Kopftuch ist gleich Freiheit und kein politisches oder schlechtes Symbol. Man hat eben das westliche Bild der emanzipierten Frau im Kopf und alles was von der Norm abweicht steht für Unterdrückung.
Was würdest du jungen Frauen raten, die ein Kopftuch tragen oder tragen wollen?
Ich habe mich in diesen jungen Jahren nicht beeinflusst lassen, denn ich war frei von negativen Eindrücken. Ich habe echt viele negative Erfahrungen machen müssen und es war nicht immer leicht für mich, doch ich rate jungen Frauen: Lass dir vor allem von Männern nicht vorschreiben was du anziehen sollst. Mach was du willst, sammle deine Erfahrungen und werde die beste Version von dir selbst.
Deine Worte zum Weltfrauentag:
Dieser Feiertag wird jährlich gefeiert und er steht für Gleichberechtigung und Freiheit der Frau.
Ich wünsche mir, dass wir uns nicht das Leben unnötig schwer machen, denn jeder Mensch hat seine eigenen Hürden. Alle Menschen sollen nebeneinanderstehen und sich nicht aufgrund von Äußerlichkeiten oder politischen Einflüssen beeinflussen lassen und man über die wichtigen Dinge reden kann, wie die Monopolstellungen der großen Firmen, Hungernöte, Drogenhandel etc. Dabei sollte man die Menschen nicht aufgrund der ethnischen Herkunft, der sexuellen Vorlieben oder der Religion aus diesen Gesprächen ausschließen. Ich wünsche mir, dass meine zukünftigen Kinder nicht das durchmachen müssen, was ich durchmachen musste.