Kosten für den Integreat-Betrieb: Alles auf einen Blick

28. April 2022

Das Wichtigste vorab: Für Neuzugewanderte ist und bleibt die Nutzung von Integreat immer kostenlos und werbefrei. Für den Betrieb durch Städte und Landkreise können sich allerdings Kosten ergeben.

Für die Installation und den Betrieb von Integreat gibt es zwei Modelle:

  • Self-hosted und ohne Zahlungen an Integreat
  • Community mit Support und Zahlungen an Integreat

In diesem Artikel erklären wir beide Ansätze und zeigen die Vor- und Nachteile auf. Außerdem gehen wir auf die realen Kosten beider Modelle und die Zusammensetzung der Kosten im Community-Modell ein.

Der gemeinnützige Verein Tür an Tür hat 2015 Integreat gemeinsam mit der Technischen Universität München entwickelt. Alle Ergebnisse des Entwicklungsprojekts und alle Software-Komponenten wurden seit Beginn des Projekts über GitHub transparent veröffentlicht. Sie sind unter der MIT-Lizenz bzw. Apache 2.0-Lizenz lizenziert. Durch diese Art der Lizenzierung räumen die Entwickler:innen des Projekts der Öffentlichkeit eine freie Nutzung der Software, ohne Lizenzkosten oder Nutzungsgebühren ein. Damit ist Integreat von Beginn an eine Open-Source-Software. Der gesamte Programm-Code ist uneingeschränkt veröffentlicht.

Integreat besteht dabei aus drei Komponenten:

  • Die technische Komponente Integreat-App
  • Das Integreat-Redaktionssystem
  • Wissen & Know-how„, um die App sinnvoll einzusetzen, zu bewerben und Wirkung zu erzielen.

Auch die Komponente „Wissen & Know-how“ ist Open Source und öffentlich zugänglich. In unserer Online-Dokumentation, dem Integreat-Wiki, bündeln wir das Wissen unserer Mitarbeitenden und den Städten und Landkreisen, die Integreat bereits einsetzen.

Um Integreat als Stadt, Landkreis, Bundesland oder Trägerorganisation für eine Region aufzusetzen, sind zwei Modelle möglich:

  • Das Modell „Self-Hosted“: Hierbei handelt es sich um einen technischen Eigenbetrieb. Dieser besteht darin, dass Sie alle drei obengenannten Komponenten selbst zusammensetzen. Ursprünglich war dies auch die einzige angedachte Option, um das Projekt kostenfrei nachnutzbar zu machen.
  • Das Modell „Community“: Dies ist der komfortablere Weg, indem wir uns um die beiden technischen Komponenten zentral für Sie kümmern und Ihnen mit einer persönlichen Ansprechperson auch direkten Kontakt und Support ermöglichen.

Modell 1: Self-Hosted – Eigenbetrieb umsetzen, aber ohne Support

Das „Self-Hosted“-Modell ist der klassische Weg bei Open-Source-Software und reduziert Ihre Abhängigkeiten zu externen IT-Partnern. Auch bei Integreat ist dieser Weg möglich, wurde aber bisher nur vom einem Landkreis, dem Landkreis Hersfeld-Rotenburg genutzt – und auch hier nach der Einführungsphase der App in das Community-Modell überführt. Warum?

Auch wenn alle Komponenten frei verfügbar sind, kosten Installation, Server-Betrieb und der mögliche Aufwand in der IT-Abteilung Zeit und damit auch Geld. Zwar sind es nur interne IT-Aufwände, aber oftmals wird auch aus wirtschaftlicher Sicht nach dem „make or buy“-Prinzip die Entscheidung zugunsten des Community-Modells gewählt. Das Einspielen von regelmäßigen Sicherheitsupdates, die Wartung der Software, damit Sie auf neuen Smartphone-Generationen schon läuft, die Bereitschaft die Kolleginnen und Kollegen im Sozialreferat bei der redaktionellen Erstellung zu unterstützen – all das sind Aufwände, die in Zusammenhang mit Integreat entstehen und letztendlich von irgendeiner Stelle erledigt werden müssen. Da das Team von Integreat in Modell 1 keine Zeit einplanen und kein Personal abstellen muss, fallen für Sie keine Kosten an Integreat an.

Um Modell 1 umzusetzen, kann über diese Seite in unserer Online-Dokumentation der Einstieg erfolgen: https://wiki.integreat-app.de/selfhosted. Die Beschreibung dort kann auch genutzt werden, um intern die „make or buy“-Entscheidung abzuwägen, also die Entscheidung für Modell 1 oder Modell 2.

Modell 2: Community – Teil des Netzwerks, aber mit Kostenanteil

Das Community-Modell ist nicht nur der schnelle und komfortable Weg, um Integreat bei sich einzuführen, sondern auch der nachhaltigere Weg. Der Kostenanteil, der zu leisten ist, fließt komplett in die Weiterentwicklung und den Betrieb der freien Software. Im Gegenzug für die Beteiligung an den Entwicklungskosten, erhalten Sie einen Kooperationsvertrag, der Ihnen Leistungen wie einen DSGVO-konformen IT-Betrieb, die Weiterentwicklung oder Support-Stunden zusichert.

Das Community-Modell wurde aufgrund der Nachfragen aus einigen Städten und Landkreisen im Jahr 2016 geschaffen. Nur aus diesem Grund wurde auch die „Tür an Tür – Digitalfabrik gGmbH“ gegründet, um dieses Modell rechtssicher abzubilden. Der Grundsatz ist einfach: Eine gemeinnützige Organisation kümmert sich zentral um alle komplexen IT-Prozesse und den Support, die Städte und Landkreise, die das Modell in Anspruch nehmen, zahlen einen kleinen Teil der Gesamtkosten. In jährlichen Wirkungsberichten veröffentlicht die gGmbH wiederum, was mit dem Geld passiert, wie viel Budget wofür ausgegeben wurde und welche Annahmen den Entscheidungen zugrunde lagen.

Der Anteil an den Gesamtkosten liegt dabei zwischen 3.500 und 15.000 Euro brutto pro Jahr – je nach Größe des Landkreises, der Stadt bzw. Gemeinde. Nur in Modell 2 ist daher auch ein Kooperationsvertrag notwendig. In Modell 1 ergeben sich die Rechte und Pflichten allein aus den oben verlinkten Lizenzbedingungen. Die angefügte Übersicht wirft einen zusammenfassenden Blick auf beide Modelle.

Das Modell „Self-Hosted“ ist das Modell ohne Kooperationsvertrag. Da wo kein Haken gesetzt ist, müssen Sie als Stadt oder Landkreis selbst aktiv werden, weil es auf unserer Seite mit Personalaufwand verbunden wäre. Im Falle eines Kooperationsvertrags übernehmen wir die Aufgaben, die mit einem grünen Haken versehen sind.

Kostenzusammensetzung im Community-Modell

Sind die Kosten im Community-Modell gerechtfertigt? Hier erläutern wir die Zusammensetzung und geben Einblick in Vergleichspreise für eine Eigenentwicklung einer mehrsprachigen Informations-App.

Das Community-Modell

Grundsätzlich fließen alle Einnahmen immer zu 100 % in die gemeinnützige Organisation Tür an Tür. Sie kommen dadurch in jedem Fall dem gemeinnützigen Zweck zugute, der die Basis aller Tätigkeiten des Projekts darstellt:

Die Förderung der Hilfe für politisch, rassistisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler und weitere

§ 52 Abs. 2 AO

Im Detail fließen circa 25 % des Kostenbeitrags, den Städte und Landkreise in Integreat investieren, direkt in die personelle Unterstützung der Kooperationspartner bei der Nutzung von Integreat. Darunter fallen unter anderem:

  • Individuelle Beratung und Hilfestellung, um das Integreat-Projekt für Ihre Region wirkungsvoll umzusetzen
  • Einführungsunterstützung vor der Veröffentlichung
  • Redaktionelles Feedback sowie die Abwicklung von Übersetzungen
  • Schulungen für neue User im Integreat-System
  • Kontinuierlicher Support und Unterstützung bei Problemen aller Art

5 % des Kostenbeitrags fließen direkt in die Deckung der IT-Fixkosten. Dazu gehören:

  • Kosten für Server, Lizenzen und App-Veröffentlichungen
  • zentrale Übersetzungen für bundesweite Inhalte, auf die alle Kooperationspartner zugreifen können
  • Marketingausgaben zur Bekanntmachung von Integreat bei Neuzugewanderten

60 % des Kostenbeitrags nutzt Tür an Tür zur Deckung der Personalkosten der mittlerweile 20 Entwicklerinnen und Entwicklern, die kontinuierlich an der Verbesserung der Plattform arbeiten. Dadurch können wir sicherstellen, dass Integreat auch weiterhin ohne IT-Know-how auf kommunaler Seite bedienbar bleibt sowie auf nahezu allen Endgeräten der migrantischen Zielgruppen ohne Sicherheitseinschränkungen funktioniert. Immer neue Funktionen bedarfsgerecht, datensparsam und nachhaltig umzusetzen, kommt dabei allen Akteur:innen im Integreat-Kreislauf zu Gute.

Die restlichen 10 % der Einnahmen durch Integreat fallen in den Bereich „Verschiedenes“. Hierzu zählen unter anderem Reisekosten, die Büromiete und Veranstaltungsbudgets für Vernetzungstreffen. So organisiert Integreat jährlich ein Austauschtreffen für alle Kooperationspartner (genannt „Integreat Dialogforum“), um ein Best-Practice-Sharing im kommunalen Integrationskontext zu ermöglichen. Darüber hinaus investiert Tür an Tür jedes Jahr jeweils 1 % in andere Open-Source-Projekte sowie in die Weiterbildung der eigenen Mitarbeitenden.

Die Eigenentwicklung

Eigenentwicklungen einer mehrsprachigen Informations-App, die von Städten bereits in ähnliche Richtungen angefragt wurden, haben zwischen 60.000 und 85.000 Euro gekostet. Dies kann auch als Vergleichswert herangezogen werden, wenn innerhalb der Verwaltung eine Entscheidung gefällt werden soll. Alternativ kann auch ein Eigenangebot erstellt werden für das wir gerne eine Leistungsbeschreibung der Integreat-App bereitstellen.

Vor- und Nachteile beider Modelle

Die App heißt Integreat. Das ist leider in Modell 2 nicht anders möglich, da wir eine App für alle Städte und Landkreise betreiben und jeder Kommune dort einen eigenen geschlossenen Bereich einrichten. In Modell 1 hingegen sind die Möglichkeiten weniger limitiert. Bei einem Eigenbetrieb wäre es auch möglich den Namen der App und die Funktionen nach eigenem Belieben anzupassen. Einhergehend damit ist natürlich der IT-Aufwand, der hiermit verbunden ist.

Ohne IT-Know-how nutzbar. Das ist leider in Modell 1 nicht der Fall. Wer sich für den Eigenbetrieb entscheidet, muss mit erheblichem IT-Aufwand rechnen. Zumindest ein:e Web-Entwickler:in (JavaScript/React) und ein:e Backend-Entwickler:in (Python/Django) sollten im Projekt involviert sein. Für Statistiken, Fehleranalyse und Back-ups empfehlen wir zusätzlich eine Person mit Kenntnissen in der IT-und Server-Infrastruktur. Der tatsächliche zeitliche Aufwand hängt von den genauen Fähigkeiten ab, die die Personen mitbringen. Feststeht: In Modell 2 kann sich die IT-Abteilung zurücklehnen. Hier braucht es lediglich mindestens eine Person, die grundlegende Textverarbeitungskenntnisse (z. B. Microsoft Word) hat und 7-10 Stunden pro Monat für das Projekt entbehren kann.

Fazit

Die App Integreat ist eine freie Software. Mit dem Modell 1, dem Eigenbetrieb, haben wir einen fairen Weg geschaffen, wie Sie unser Projekt nachnutzen können. Über 1.000 Entwicklungsstunden sind allein im Jahr 2015 ins Projekt geflossen. All diese Ergebnisse und Entwicklungen, sowie alle Folgeentwicklungen sind frei verfügbar und gehören über unsere Lizenzierung der Allgemeinheit. Unser Appell: Bedienen Sie sich kostenfrei und ohne Gegenleistung. Die Wahl von Modell 1 führt zu keinen funktionalen und technischen Einschränkungen.

Auf Wunsch von Städten und Landkreisen haben wir aber auch Modell 2 entwickelt, damit Sie das Projekt mit möglichst wenig eigenem Personalaufwand gegen die Zahlung eines festen Entwicklungsbetrags umsetzen können. Natürlich freuen wir uns, wenn Sie sich an den Entwicklungskosten durch einen Kooperationsvertrag beteiligen. Wir versuchen Ihnen die Entscheidung hier abzunehmen, um Ihnen für Ihr Geld möglichst viele Vorteile und Leistungen zu bieten.