Evaluation von Integreat – Good Practice aus Emmendingen
Eine Evaluation zur Wirkung von Integreat vor Ort liefert wertvolle Impulse zur Gestaltung der Plattform. Aber wie kann eine solche Evaluation lokal gestaltet und durchgeführt werden? Ein aktuelles inspirierendes Beispiel hierfür kommt aus Emmendingen in Baden-Württemberg.
„Wir konnten mit unserer Online-Befragung knapp 150 Zugewanderte in Emmendingen erreichen“, freut sich Sylvia Fall, Integrationsbeauftragte in Emmendingen.
Nicht nur für den Landkreis Emmendingen bieten die Antworten wertvolle Einblicke in die Bedarfe der Zielgruppe. In diesem Artikel möchten wir zeigen, wie eine erfolgreiche Evaluation auch in anderen Städten und Landkreisen gelingen kann.
In enger Zusammenarbeit mit der Zielgruppe wurden in der Stadt Emmendingen 19 Fragen erstellt, die soziodemografische Merkmale, das eigene Informationsverhalten, eigene Diskriminierungserfahrungen und das Zugehörigkeitsempfinden erfassen. Die Fragen wurden mit drei freiwilligen Interkulturellen Elternmentor:innen aus Syrien, der Türkei und der Ukraine getestet und auf Verständlichkeit geprüft. Der Fragebogen konnte dank Muttersprachler:innen aus der Zielgruppe in insgesamt fünf Sprachen übersetzt und über diverse Multiplikatoren und Kanäle gestreut werden.
Die Evaluation von Integreat in der Stadt Emmendingen
Wer durch die Befragung erreicht werden konnte
Zwei Drittel der Befragten sind erst in den letzten zwei Jahren nach Emmendingen gekommen. Die Herkunftsländer der Befragten spiegeln die Heterogenität der Gruppe wieder, auch wenn Personen aus der Ukraine einen signifikanten Anteil ausmachen. Die hohe Beteiligung von weiblichen Personen (sechs von zehn Befragten) in Emmendingen ist besonders erfreulich, da diese in Erhebungen häufig unterrepräsentiert sind. Zudem konnten die meisten Altersgruppen abgedeckt werden.
Wie Neuzugewanderte Informationen suchen und einschätzen
Als wichtigste Informationsquellen stuften die Teilnehmenden der Befragung in Emmendingen das Internet bzw. Google ein, dicht gefolgt von Freund:innen und Bekannten aus dem eigenen Herkunftsland und aus Deutschland. Danach folgen auch schon Social Media und Messenger-Dienste und dortige Gruppen bei WhatsApp und Telegram.
Unter den Social Media Plattformen sind Facebook, Instagram und YouTube mit Abstand am beliebtesten unter den Befragten. Dabei liegt der Anteil der Personen, die primär in ihrer Muttersprache nach Informationen suchen, mit rund 40 % ebenso hoch wie der Anteil der Personen, die primär auf Deutsch recherchieren. Die übrigen 20 % versuchen es mit verschiedenen Sprachen.
Dass die Integreat-App erst auf den hinteren Plätzen auftaucht, unterstreicht, wie wertvoll die Auffindbarkeit von Integreat-Informationen in der Google-Suche und die Integreat-Kampagnen in den sozialen Medien sind.
Die zwei favorisierten Formen der Informationsvermittlung der Befragten sind das persönliche Gespräch in der Muttersprache oder mit einer Dolmetscher:in sowie das persönliche Gespräch auf Deutsch. Auch schriftliche Informationen auf Deutsch oder der Muttersprache werden von mehr als der Hälfte der Befragten gerne genutzt.
Dieses Ergebnis bestärkt die Relevanz der Brückenfunktion von Integreat – der kurze Weg vom Text auf dem Handy zum persönlichen Gespräch. Schriftliche Informationen gefallen einem höheren Anteil der Befragten als Videos oder Informationen mit vielen Bildern. Das höchste Vertrauen wird Informationen von Ämtern und Behörden entgegengebracht. Dann folgen die Auskünfte von deutschen Freund:innen, dann von Freund:innen aus dem eigenen Herkunftsland. Informationen aus dem Internet wird vom Großteil der Befragten nur „etwas Vertrauen“ entgegengebracht. Wir verstehen das als Handlungsauftrag an uns das Vertrauen in Informationen in Integreat weiter zu stärken. In den kommenden Tagen kommt dazu auch ein kleineres Update in die Integreat-Plattform, mit dem dieser Aspekt unterstützt wird.
Wie werden die Integrationsangebote in Emmendingen wahrgenommen
Emmendingen ist es auch gelungen Neues über Wahrnehmung der eigenen Integrationslandschaft zu lernen. Befragte konnten auswählen, welche Angebote verschiedenster Träger ihnen bekannt sind (z. B. Sprachkurse der Volkshochschule, Migrationsberatungsstellen). Weniger bekannte Angebote können zukünftig verstärkt beworben werden, um mehr Menschen zu erreichen.
Integreat soll den Weg zur passenden Beratungsstelle erleichtern. Unter den Befragten hat lediglich die Hälfte bereits eine Beratungsstelle in Emmendingen aufgesucht. Wird trotz Beratungsbedarf keine Beratung aufgesucht sind fehlende Deutschkenntnisse und mangelndes Wissen zu vorhandenen Beratungsstellen die meistgenannten Gründe. Erfreulich ist, dass sich rund 15 % durch die Unterstützung durch Familie, Freunde und Ehrenamtliche gut versorgt fühlen.
Was der Evaluation von Integreat folgen kann – das nächste Good Practice aus Emmendingen
Um einen tieferen Einblick und detailliertere Impulse der Neuzugwanderten zu erhalten und den Austausch der Integrationsakteure vor Ort zu ermöglichen, wurde im Anschluss an die Befragung das erste „Forum Integration Emmendingen“ veranstaltet. Das sind die Haupt-Learnings aus der Gruppendiskussion:
- In der Gruppendiskussion wurde betont, dass eine persönliche Ansprache wichtig ist, damit Angebote genutzt werden.
- Social Media wurde ebenfalls eine große Rolle zugeschrieben.
- Informationen sollten so aufbereitet sein, dass sie leicht über soziale Medien geteilt werden können.
- Einfache Sprache bei den deutschen Texten ist wichtig, damit KI-Übersetzungen in Sprachen, die noch nicht in Integreat angeboten werden, eine gut verständliche Qualität liefern.
Sylvia Fall, Integrationsbeauftragte in Emmendingen, ist überzeugt: „Die Arbeit hat sich gelohnt. Die Ergebnisse aus der Befragung und dem Forum Integration helfen uns, unsere städtischen Integrationsangebote und unser Vorgehen bei der Informationsvermittlung zielgerichtet weiterzuentwickeln. Wir verstehen nun noch besser wie Integreat wirkt und wir sind motiviert Integreat noch besser auf die Bedarfe der Zugewanderten bei uns in Emmendingen anzupassen.“ Im nächsten Jahr soll das Austauschforum in Emmendingen erneut stattfinden. Der Fokus soll dann unter dem Motto „Die ersten 100 Tage in Emmendingen“ auf die Orientierung direkt nach dem Ankommen gelegt werden.