Unabhängigkeit, Ehrenamt und Wirkung – Was wir mit dem Preisgeld von Google.org planen
„Dann lassen Sie uns gemeinsam überlegen wie wir das Problem lösen können“, sagte uns ein städtischer Vertreter aus Augsburg, den wir zufällig auf der 1.Mai-Kundgebung im Jahr 2015 getroffen hatten. Dass drei Jahre später aus diesem Folgetreffen eine App, eine Marke und ein Sozialunternehmen entstehen könnte, war für uns damals Utopie und bei keinem von uns in den Köpfen. Eine Broschüre aus dem Jahr 1997 neu auflegen zu lassen, um einen lokalen Alltagsguide für neuzugewanderte Menschen zu schaffen, war das damalige Ziel und nahm Monat für Monat eine konkretere Form an. Spätestens als die TU München und der Bürgermeister der Stadt Augsburg hinter uns standen und an das Konzept glaubten, war es mehr als nur irgendein Projekt. Mit lokalen Fördergeldern, Spendengeldern und ganz viel ehrenamtlicher Zeit, konnten wir Mitte 2016 eine eigene soziale Organisation hinter Integreat gründen. Die Ziele: Die Integrationsarbeit vor Ort digital zu unterstützen, den Einsatz von Ressourcen zu verbessern und dabei die Unabhängigkeit nicht verlieren. „Digitale Brücken bauen“ heißt es mittlerweile in unserer Organisationsphilosophie.
Transparenz ist Trumpf.
Ebenso wie ehrenamtliches Engagement, das uns bis heute begleitet, ist auch Transparenz ein entsprechend wichtiger Faktor. Nicht nur bei der Software, die wir entwickeln und die Open Source nutz- und einsehbar ist (github.com/Integreat), sondern auch bei allen Geschäftsvorgangen setzen wir auf eine Überprüfbarkeit von außen. So veröffentlichen wir jedes Jahr einen Wirkungsbericht zu unseren Ressourcen und Aktivitäten, der sich im Bereich „Die Idee“ auf unserer Webseite findet. Der Wirkungsbericht für 2017 folgt übrigens in Kürze, der von 2016 ist natürlich bereits abrufbar. Unser diesjähriger Umsatz liegt bei etwa 120.000 €, davon fließen 90.000 € ans Personal. Was anderswo eine einzige Vollzeitstelle ist, ist bei uns auf 7 Leute verteilt.
Ab in den Norden.
Am 4. Mai 2018 erreichte uns die Nachricht, dass wir zu den Finalisten der Google.org Impact Challenge gehören und somit mindestens 250.000 € an Preisgeld erhalten – mit Ihrer Hilfe unter Umständen noch weitere 250.000 € im Rahmen des Publikumspreises. Viel Geld, das unseren bisjährigen Umsatz zwar nicht komplett in den Schatten stellt, aber eine Menge neuer Potentiale eröffnet. Was haben wir mit dem Preisgeld vor? Wir wollen es vor allem nachhaltig und transparent investieren – und zwar in Wirkung! Konkret bedeutet das, dass wir die Städte und Landkreise, die sich mit Integreat beschäftigen und in der interkulturellen Kommunikation Unterstützung benötigen, noch enger betreuen können und werden. Während sich das Integreat-Team aktuell vor allem im Berliner und Augsburger Raum aufhält, steigen die Anfragen aus Nord- und Westdeutschland. Der Austausch vor Ort ist schwierig, gemeinsame Treffen und Workshops sind bei den Reisezeiten für uns und unsere Ehrenamtlichen eine Belastung von meist mehr als nur einem Arbeitstag. Eine strukturelle Expansion nach Norden und Westen soll dazu beitragen, dass wir in Deutschland Netzwerk- und Betreuungsgedanken schon früher als wir es mit eigenen Umsätzen hinbekommen hätten weiterspinnen können.
Integration geschieht nicht allein durch Digitalisierung.
Ein weiterer Aspekt bezieht sich direkt auf die Integration in den Kommunen vor Ort. Integration geschieht nicht digital und die Integreat-App ist sicher nicht die Lösung aller Probleme, aber sie ist ein Mittel zum Zweck und ein Treiber für Kollaboration und Kommunikation. Wenn die Integreat-App in einer Kommune eingeführt ist, ist das mehr als nur Serverbetrieb und Benutzerverwaltung. Unser Team aus 35 Personen unterstützt mit Workshops vor und nach der Einführung. Es bereitet Marketing mit vor, trainiert Wirkungsaspekte und sorgt dafür, dass nicht nur die Neuzugewanderten etwas vom Projekt haben, sondern auch das Thema Digitalisierung in Kommunen als positives Unterfangen und Chance für alle Beteiligten wahrgenommen wird. Workshops und Betreuung kosten Zeit, Know-how und vor allem Personal. Die Chance, die uns Google.org hier bietet, wird dafür sorgen, dass das analoge „Drumherum“ um die App professionalisiert und gestärkt werden kann. Integration funktioniert nur im Zusammenspiel von digital und analog.
Professioneller Zuwachs.
Als letztes wird auch die interne Struktur bei Integreat professionellen Zuwachs bekommen. Ein technischer Projektmanager wird das Team verstärken, um Prioritäten bei der zukünfitgen Entwicklung, Funktionen und Zeitpläne für die Entwickler im Auge zu behalten. Was Anfangs bei 1-10 Kommunen noch von allen mitgedacht werden konnte, ist mit aktuell 40 Partnerkommunen eine eigene Personalstelle, die sich bei allen Akteuren positiv widerspiegeln werden wird: Die Entwicklungen werden wieder beschleunigt und Integreat kann sich den Bedürfnissen der Zielgruppe in kürzester Zeit anpassen. Das wirkt nicht nur bei uns in der Organisation, sondern führt auch die Gesellschaft wieder näher zusammen.
Unser Ziel ist es ein nachhaltiges Serviceökosystem für die Integration vor Ort aufzubauen – gemeinsam mit Partnern und in Fällen wie diesen auch mit Ihrer persönlichen Hilfe.
Bis zum 06. Juni besteht noch die Möglichkeit die Integreat-App bei der Google.org Impact Challenge zu unterstützen: https://goo.gl/n1p1V7